Eine Hausarbeit hat zwei Funktionen:

a) formell: Die Hausarbeit ist eine Prüfung am Ende eines Seminars und ist hat damit die Aufgabe, den erreichten Erkenntnis- und Kompetenzfortschritt zu messen und zu dokumentieren. 

Entscheidend für die Gestaltung einer Hausarbeit ist b):

b) inhaltlich: Die Hausarbeit dient inhaltlich dazu, mit literaturwissenschaftlichen Methoden eine Antwort auf eine Frage zu erarbeiten, die an einen Text oder an mehrere literarische Werke gestellt wird.

Um eine Hausarbeit schreiben zu können bedarf es also:

1. eines Textes, über den geschrieben werden soll

2. eines ERKENNTNISINTERESSES

Was bedeutet das?

Vor dem Beginn einer Hausarbeit lassen Sie bitte noch einmal alle im Seminar besprochenen Texte und Fragestellungen Revue passieren und fragen sich (häufig hilft dabei ein sog. mindmap):
Welche Texte und Fragen haben wir im Seminar behandelt?
Welcher Text hat mich am stärksten irritiert, fasziniert, befremdet, begeistert?
Welche Fragestellung hat mich am meisten interessiert?
Über welchen Text oder zu welchem Thema möchte ich mehr und noch genauer Bescheid wissen?

Sie schreiben Ihre Hausarbeit also NICHT notwendig über den Text, der ihnen am besten gefallen hat, sondern über jenen Text, der bei Ihnen Fragen offen gelassen oder weiterführende Fragen provoziert hat. Ihre Hausarbeit dient dazu, etwas ganz genau herauszufinden, nicht, um das, was Sie schon wissen, ganz allgemein noch einmal auszuformulieren.

Wenn Sie etwa im Seminar Thomas Manns „Mario und der Zauberer“ untersucht haben, dann werden Sie vermutlich etwa darüber gesprochen haben, ob der Text als Novelle anzusehen ist, ob er als politischer Text zu deuten ist, oder welchen Einfluss die Gestaltung des Erzählers auf die Vermittlung des Erzählgegenstandes hat.

Alle diese Fragestellungen können Sie in einer Hausarbeit vertiefen. Ihr Thema könnte etwa lauten: Thomas Manns „Mario und der Zauberer“ als Novelle. Sie könnten dann genau untersuchen, (1.) welche unterschiedlichen Definitionen der Novelle vor Thomas Mann entwickelt wurden, (2.) in welchem Maße Thomas Mann selbst seine Erzählung als Novelle gedeutet hat, (3.) welche Elemente der Novelle nach den von Ihnen zuvor ermittelten klassischen Defintionen der Text zeigt, und (4.), ob nach Ihrer Einschätzung dieser Versuch, den Text als Novelle zu lesen, bei der Interpretation des Textes hilft. Ein Schlusskapitel (5.) würde schließlich alle wesentlichen Ergebnisse Ihrer Arbeit knapp und mit Blick auf Ihre Ausgangsfrage („Lässt sich Thomas Manns „Mario und der Zauberer“ als Novelle deuten?“) zusammenfassen.

Die Hausarbeit dient in diesem Fall also dazu, noch genauer, als es im Seminargespräch möglich war, die im Seminar angerissenen Fragen zu untersuchen – und das in einer argumentativ schlüssigen, systematisch gegliederten Hausarbeit.

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